Auf ihrem Webauftritt wird die Einrichtung einer „Leitstelle Open Data“ zur „Koordinierung und Unterstützung der Veröffentlichung“ von Open-Data angekündigt, diese findet sich nun auch im „Digitalisierungsprogramm Schleswig-Holstein“.
Ist eine solche Leitstelle eingerichtet worden? Wenn ja, wie ist diese personell und finanziell ausgestattet? Wo ist sie organisatorisch angesiedelt? Welche Open-Data-Veröffentlichung wurden über diese Leitstelle bisher koordiniert?
Wenn die Leitstelle bisher nicht eingerichtet wurde: Wann ist mit der Einrichtung und Besetzung zu rechnen? Welche personelle und finanzielle Ausstattung ist geplant? Wo soll die Leitstelle organisatorisch angesiedelt werden? Aus welchen Gründen ist die Einrichtung der Leitstelle bisher nicht erfolgt?
https://fragdenstaat.de/a/32931
Frage 1: Worüber reden wir hier überhaupt?
Technisch reden wir über „2016/0280 - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“[0] welcher in 24 Artikeln neue Regeln zu bestehenden Regelungen des Urheberrechts hinzugefügt hätte. Dieser Vorschlag war erarbeitet worden, nachdem 2015 angestoßen wurde, dass das EU-Urheberecht zu reformieren sei. Die erste Version war Dezember 2015 unter dem Titel „Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht“ gemacht worden. Dieser wurde dann über die nächsten Jahre weiter ausgearbeitet. Parallel dazu wurde von der Kommission 2013 bis 2016 eine Überprüfung des bestehenden Urheberrechts durchgeführt. Im Mai 2018 war dieser Vorschlag von den Staaten abgesegnet worden, dann am 20. Juni der Rechtsausschuss des Parlament [1]. Am 5. Juli hat das EU-Parlament diesem Vorschlag nicht zugestimmt. Nun wird am 12. September wieder abgestimmt.
Frage 2: Warum ist das überhaupt nötig?
Es gibt bereits nationale Urheberrechtsgesetze und es gibt auch bereits EU-Recht dazu, z.B. „RICHTLINIE 2001/29/EG - zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“[2]. Aber, so argumentiert der Vorschlag,
Die bisherigen Regelungen werden Veränderungen aufgrund der Digitalisierung nicht mehr gerecht
Sind die existierenden Regeln zum Urheberrecht in der EU stark fragmentiert, wärend der Markt zusammenwächst, das ist für Anbieter und Kunden ein Problem, weil die Komplexität dadurch sehr hoch ist, etwas überall in der EU zu vertreiben und dennoch rechtsssicherheit zu haben.
Es bisher für Bürger der EU schwieriger ist als es sollte auf ihr kulturelles Erbe digital zuzugreifen
Urheber und Rechteinhaber sollen einen fairen Anteil erhalten, wenn jemand ihre Werke/Inhalte nutzt um damit Geld zu verdienen. Dies betrifft explizit auch Presseerzeugnisse.
Gänzlich neue Techniken, insb. Tesx- und Data-Mining, sind im bisherigen Urheberrecht nicht berücksichtigt
Ausnahmen des Urheberrechts für den Unterricht gelten bisher nicht für Online-Unterricht oder andere Lernplattfomen über Telemedien
Es ist bisher unklar, wie Einrichtungen, welche das kulturelle Erbe erhalten, mit digitalen Medien umgehen dürfen (z.B. Natinalbibliotheken).
Es gibt Lücken im Umgang mit Verwaisten werken oder Werken, bei denen nicht bekannt ist, wer Rechteinahaber ist
Es gibt keinen EU-weiten harmonisierten „Rechtsschutz für Presseveröffentlichungen im Hinblick auf ihre digitalen Nutzungen“ und ohne solchen ist nun, nach dem Wegfall von totem Holz, schlecht mit dem Geld verdienen. In diesem Zusammenhang steht auch die (anscheinend ungeklärte?) Frage, ob Verlage als Rechteinhaber von Presseveröffentlichungen gelten können.
Künstler und urheber können, weil es so viele Websites gibt und das Internet groß ist, nicht einfach herrausfinden, wo ihre Werke alles genutzt, hochgeladen, verändert oder kopiert werden. So haben sie auch nicht die Möglichkeit, dafür immer Geld zu kriegen oder es im Falle des Falles zu unterbinden.
Es ist Urhebern und Künstlern unnötig schwer ihre Rechte gegenüber Vertragspartnern einzuklagen
Frage 3: Was steht eigentlich drin?
Der Text selbst ist öffentlich, man würde also meinen es besteht zumindest Einigkeit darüber was drinsteht (dem ist nicht so). Was das was da steht bedeutet ist natürlich nochmal eine andere Frage. Also, was sind die Inhalte:
Titel I (Artikel 1&2): Geltungsbereich und Begrifsdefinition
Titel II (Artikel 3-6): Enthällt den Umstrittenen Artikel 3, in welchem es um Text- und Data Mining geht. Eine Außnahme zum Urheberrecht bei Text- und Data Mining soll lediglich der nicht-kommerzielle wissenschaftliche Forschung zugestanden werden. Dies Betrifft allerdings nicht alle Text- und Datamining Projekte, nur diese, wo Lizensierte, urheberechtlich relevante, Daten längerfristig gespeichert werden (keine flüchtige Vervielfältigungen). Nach aktuellem deustchen Recht müssten auch Forscher ggf. für Lizenzen zahlen (wenn auch weniger) die Reform würde dies abschaffen. Kritiker fordern auch die forschende Industrie oder gar allen Menschen für das Text- und Data-Mining kostenfreien zugriff zu lizesierten Informationen zu geben. [3].
Ebenfalls in diesem Abschnitt (in Artikel 4) finden wir die Erlaubniss für Bildungseinrichtungen, urheberechtlich gechützte Werke _zur Veranschaulichung_ zu nutzen allerdings a) nur über ein sicheres Netz b) nur in den Räumen der Einrichtung wo c) sichergestellt ist, dass nur Lernede und Lehrende zugriff haben und d) immer mit Quellenangabe. Jeder Nationalstaat kann entscheiden dass er das lieber doch nicht will oder nur für manche Werke. Jeder Nationalstaat kann beschließen, dass Rechteinhaber doch irgendwie bezahlt werden müssen, nur vielleicht nicht genau so viel oder so… Das ist also praktisch sofort vollständig ausgehebelt.
In diesem Abschnitt geht es auch noch um Ausnahmen für den Erhalt des Kulturerbes
Titel III (Artikel 7-10): Behandelt in erster Linie vergriffene Werke und ein par andere wenig bekannte Themen. Vergriffene Werke sind solche, dren Auflage verkauft ist, es gibt also keine neuen mehr zu kaufen, die noch Urheberrechtlich geschützt sind aber der Urheber nicht auffindbar sind. So kann ein Verlag ggf. obwohl die Nachfrage hoch ist, keine Neuauflage herrausbringen. Hier möchte das EU-Recht eine Vereinfachung machen, so das Verwertungsgeselschaften (VG Wort, GEMA…) als Rechteverwalter auftreten, außer der Urheber hat dies explizit untersagt. Es geht darum, das kulturelle Erbe zu erhalten und zugreifbar zu machen. [4]
Titel IV (Artikel 11-16): Behandelt die „Schaffung eines funktionsfähigen Marktes“ für Werke, und da geht es dann auch um einen Markt für Presse. Dort befindet sich das umstrittene Leistungsschutzrecht (Artikel 11) und die Upload Filter (Artikel 13). Artikel 11 würde es erwirken, dass bereits verhältnismäßig kleine, wirtschaftlich genutzte Previews von Nachrichtentexten lizenzpflichtig wären. Artikel 12 regelt eine Übertragung von Rechten vom Urheber an Verleger, was wohl relevant ist, damit Presseverlage Artikel 11 überhaupt zur Finanzierung nutzen können.
Artikel 13 sieht ein Recht von Urhebern und Rechteinhabern vor, für die Nutzung ihrer Werke in Services von „Diensteanbieter der Informationsgesellschaf“ kompensiert zu werden. Dafür müssten diese Diensteanbieter der Informationsgesellschaf solche Werke aber erkennen um dann die Lizenz zu erwerben. Dafür soll es geeignete, wirksame und angemessene Inhaltserkennungstechniken geben. Mitgliedsstaaten sollen es ermöglichen das Rechteinhaber und Dienstanbieter direkt kommunizieren um diese Inhaltserkennung zu machen. Es müssen auch Beschwerdemechanismen und Rechtsschutzmöglichkeiten für Nutzer, deren Inhalt z.B. fälschlicherweise gelöscht wird, angeboten werden.
Ebenfalls fällt in diesen Bereich die Transparenzpflicht (Artikel 14), welche es Urhebern erlaubt besser rauszufinden, von wem sie wie viel Geld bekommen sollten und ein Vertragsanpassungsmechanismus, mit dem Künstler/Urheber ggf ihre Verträge leichter neu verhandeln können. Dazu kommt Artikel 15, welcher klärt, dass man das wohl nicht wiklich einklagt sonderne in alternatives freiwilliges Verfahren hat.
Frage 4: Warum ist das gut oder schlecht?
Zu dem Text gibt es haufenweise Meinungen und Pro- und Contra-Argumente. Einiges davon ist grober Unfug, einiges durchaus relevant. Wir haben einiges zusammen getragen.
Zu Artikel 3 (Data- und Text-Mining)
Pro
Inhaber besonders „wertvoller“ Datensätze oder Samlungen haben natürlich ein Interesse bazhalt zu weden, wenn diese genutzt werden [3]
Contra
Jeder sollte Data-Mining betreiben dürfen, da es keine einschränkung der Rechte des Urhebers beinhaltet. [5]
Die Einschränkung auf nichtkommerzielle Forschung ist nicht gut, da es den Wirtschaftsraum schwächt. Firmen werden dothin abwandern, wo es auch für sie Ausnahmen gibt. [6]
Zu Artikel 11 (Leistungsschutzrecht)
Pro
Verleger, und deren Verbund der „Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.“ (BDZV), sprechen von der „Wiederherstellung der Marktgerechtigkeit“. Früher mussten Menschen für eine Zeitung zahlen, das sind sie nicht bereit zu tun, aber kostenlose Inhalte finanzieren keine Redaktion. Bezahlmodelle funktionieren nicht so gut und Werbung wird geblockt. Insofern muss Geld eben durch das LSR zur Redaktion kommen.
Doch könnte man die Presse nicht sterben lassen, wenn sie sich nicht finaziert? Nein sagen die Beführworter. Nur organisierte Pressearbeit deckt Skandale auf und arbeitet als Korrektiv in einer Demokratie. Das geht nicht mit freiwilligen Bloggern u.ä.: „Qualitätsjournalismus hat seinen Preis“
Wenn, wie in 2.2.2. befürchtet, nicht mehr alles auf einer Suchmaschine ist, ist das Schuld der Suchmaschine, sie hat Inhalte nicht lizensiert oder wollte nicht die Gebühren zahlen. Das ist aber auch nicht so wichtig, Suchmaschinen sind nicht das Internet, die Inhalte sind auf den Seiten der entsprechenden Medien immernoch zu finden. [7]
Man müsste gar nicht jeden Text lizensieren und jeweils jeden Verlag bezahlen, Verläge könnten eine Verwertungsgeselschaft gründen oder bei der VG Wort mitmachen. Wer Pressetexte in teilen zitiert bezahlt dort. [8]
Contra
„Das ist in etwa so, als würde ein Restaurantbesitzer Geld von den Taxifahrern verlangen, die ihnen Gäste bringen.“ (Mario Sixtus) Suchmaschinen und Social Networks sorgen für die Klicks, alleinegehtkaum jemand auf die Nachrichtenseiten. Ohne diese „Hilfe“ gäbe es Online Medien nicht mehr. [9]
Wenn Suchmaschinen nicht mehr alles nutzen können, erhält der Suchende ein verzerrtes Bild, er muss evtl mehr suchen, ist verunsichert. [10]
Das ganze ist überhaupt nicht im Interesse eines Mediums. Da Suchmschainen einen Großteil des Traffics zum Medium bringen würden viele wohl darauf verzichten wollen. Und damit ist es dann für alle uninteressant, außer man zwingt alle teilzunehmen.
Es ist eben nicht so, dass die Verlage viel Arbeit haben Inhalte online zu stellen aber die Suchmaschinen keinerlei Arbeit sie zu verlinken. Beide nutzen gewisse automatische Prozesse beide müssen für ihre Technologie auch Arbeit, Geld und Infrastruktur investieren. So liegt also kein Marktversagen vor, beide haben Aufwand und profitieren von der existenz des anderen.[11]
Zu Artikel 13 (Upload Filter)
Pro
Die Betreiber von Plattformen sollen mehr Verantwortung für die urheberrechtlich geschützten Inhalte auf ihren Plattformen übernehmen und Urheberrechtsverletzungen von Beginn an, soweit es möglich ist, vermeiden [12].
Kosten für automatisches Filtern, um Urheberrechtsverletzungen an eigenen Werken zu finden, sind von kleineren Labels, Verlegern, etc. nicht tragbar [13].
Contra
Kosten für automatisches Filtern von Inhalten auf der eigenen Plattform sind von vielen Unternehmen nicht tragbar. Außerdem sind entsprechende technische Filtereinrichtungen längst nicht so zuverlässig, wie zur Umsetzung der Richtlinie gefordert [14].
Existiert eine Infrastruktur die es ermöglicht Beiträge und Medien vor dem Veröffentlichen zu überprüfen öffnet dies Tür und Tor für staatliche oder auch privatwirtschaftliche Zensur [15]
Unterscheidung von erlaubter Nutzung (Parodie, Wissenschaft…) und nicht erlaubter Nutzung sind für programmierte Filter kaum /gar nicht möglich [15]